Archiv für die Kategorie ‘Die Kollegen’

Neulich hat es ein Kunde geschafft mir heftiges Herzklopfen zu bereiten. Es war mitten in der Nacht und an meinem Lieblingstaxistand lichteten sich die Autos. Ich stand an zweiter Stelle und vor mir hatte ich noch einen Kollegen stehen in dessen Auto es ganz ruhig war. Während ich mich mit lesen beschäftigte kam ein Mann mittleren Alters um die Ecke, steuerte aufs Taxi zu und klopfte bei dem Kollegen ans Fenster. Ein paar Sekunden vergingen und er klopfte noch einmal ans Fenster, schaute skeptisch ins Taxi hinein. Geduldig stand er nun da, wartete und klopfte nach einer Weile noch einmal ans Fenster. Dann schüttelte er den Kopf und kam zu mir. Ein wenig verwundert   kurbelte ich mein Fenster runter und schaute den Mann fragend an.  Und was passierte? Dieser blickte mich mit Unschuldsmiene an und sagte ganz trocken: „Ich muss mit ihnen fahren, der Kollege ist Tod“.

Nachdem ich mein klopfendes Herz und den ersten Schock im Griff hatte, stieg ich aus und atmete erstmal tief durch. Das hatte mir noch gefehlt. In meinem Kopf spielten sich schon die Bilder ab, Polizei, Krankenwagen, eine trauernde Witwe neben dem Taxi… Ein heftiges wummern gegen die Taxischeiben zeigte jedoch das der Kollege keineswegs Tod war sondern nur enorm tief geschlafen hatte 😀

Aber der Schreck war erstmal perfekt. Den Kunden schien das ganze nicht weiter beunruhigt zu haben, er stieg brav ins Taxi und schneller als gedacht war der Kollege auch wieder so wach das er abfahren konnte.  Aber um seinen festen Schlaf beneide ich ihn ja doch ein wenig 😀

Irgendwie ist jede Nachtschicht wieder ein Abenteuer für sich.

Heute ist es soweit. Ich fahre jetzt seit genau einem Monat mein kleines schwarzes Taxi. Und was ist in der Zeit alles passiert? Ich ziehe mal ein wenig Bilanz.

  1. Die Kunden…waren in 99% der Fälle alle lieb. Ich bin nun einmal neu, muss noch öfter Nachfragen und gut und gerne passierte es auch einmal das ich eine Straße nicht kannte. Dank Google Maps, einer Straßenkarte, den Kollegen am Taxistand und den Kollegen am Funk bin ich recht gut klar gekommen. In einem Monat habe ich mich nur 2 mal richtig böse verfahren. Gott sei Dank ohne Kunden im Auto. Dafür entschuldige ich mich bei der Dame auf  dem Weg zur Familienfeier die weil ich zu spät war die Suppe verpasst hat 😦 Ich hoffe man hat ihr was warm gehalten. Eine einzige Dame hat Probleme bereitet. Leider dazu noch eine Stammkundin unseres kleinen Unternehmens. Diese hat mich, warum auch immer, einmal in die Schulter gebissen und einmal den Arm zerkratzt. Manchmal fragt man sich wirklich was die Leute sich denken… ich konnte leider nicht fragen denn die Dame (vielleicht kreuzung mit Pittbull?!) sprach nur russisch. Und in einem Monat schon haben sich zwei Lieblingskunden gefunden. Einmal ein junger Mann der sich bei jedem Anruf meldet mit „ich stehe auf deiner Kundenliste weist du noch??“ 😀 Natürlich weis ich noch und werde es auch nicht vergessen. Ich freu mich immer wenn er mich anruft auch wenns an meinem freien Tag ist und ich ihn leider abweisen muss. Der andere Lieblingskunde ist eine ältere Dame die immer sehr viel erzählt. Manche mögen ja die Geschichten von alten Menschen nicht. Ich hingegen liebe sie. Meine Lieblingskundin war in einem anderen Land einmal ein gefeiertes Model und später Fernsehmoderatorin. Sie kam nach Deutschland zurück um ihre Eltern zu pflegen. Ihre Geschichten sind super spannend!!
  2. Die Kollegen…habe ich alle lieben gelernt. Jeden einzelnen bisher mit seinen Eigenarten. Da wir keine Großstadt wie Berlin oder Hamburg sind, ist der Anteil der Nachtdienstkollegen überschaubar und man kennt sich. Einer meiner Kollegen (von einer anderen Firma) hat den ganzen Aschenbecher voller Bonbons. Ich habe mich schon gefragt ob sich der Aschenbecher immer wieder von Zauberhand füllt. Denn jedes mal wenn ihn jemand begrüßt verschenkt er ein Bonbon. Immer. Irgendwie macht ihn das sympathisch. Auch alle anderen sind super lieb. Jeder NachtfBonbon, ahrer bei uns hat einen lustigen kleinen Spleen. Mein eigener ist wohl das ich Nachts im Taxi immer einen Film laufen habe. Ein anderer hört immer lautstark Beethofen, der nächste durchforstet stundenlang die Bildzeitung. Einer verfolgt mich sogar. Ist aber wohl Zufall das er unnatürlich oft die Rücke hinter mir „bewohnt“. In unserer kleinen netten Firma sind auch alle toll. Es gibt wirklich keinen der gemein oder fies ist. Aber es ist schon spannend wie jeder so zum Taxiberuf gekommen ist. Einer meiner Firmenkollegen fährt ein Glückstaxi 🙂 Er hat immer eine Sammlung von Sprüchen über das Glück im Taxi liegen und ich finde die Idee super. Ein Thementaxi 😀
  3. Die Kneipen… die man anfährt sind immer super. Ganz ehrlich ich mag das. Oft wartet man dort noch bis der Kunde sein Bierchen ausgetrunken hat und in der Zeit bekommt man immer eine Cola oder eine Zigarette angeboten. Wirklich sehr lieb 🙂 Aus den Kneipen hole ich fast immer die liebsten und großzügigsten Kunden ab.  Warum viele dort nicht sooo gerne hinfahren verstehe ich nicht wirklich. Gut die Kundschaft dort ist fast immer betrunken aber dafür sind wir ja da. Mich selbst stört es nicht wenn die Kunden betrunken sind. Solange sie ihre Körperflüssigkeiten bei sich behalten ist meine Welt in Ordnung. Wenn ich noch ein bisschen mehr lerne, kann ich bald einen Duden schreiben: Betrunken Deutsch-Deutsch Betrunken 😉

In dem Sinne starte ich gut gelaunt in den nächsten Monat meiner Taxikarriere 🙂 Auf viele weitere Kunden, viel Trinkgeld und lustige Gespräche mit den Kollegen 🙂